Die Geburt von Voiles et Voiliers – Wie ein poetischer Traum das Segeln neu erzählte
In einer Ära, in der Motorboote die nautischen Magazine dominierten und das Segeln kaum eine eigene Bühne hatte, entstand ein Magazin, das die französische Segelwelt revolutionieren sollte: Voiles et Voiliers. Seine Geschichte beginnt nicht mit einem Verlag, sondern mit einem Traum – und einem geflügelten Fisch.
Ende der 1960er Jahre arbeitete Jean-Olivier Héron als Illustrator für Neptune-Nautisme. Als er erkannte, dass die Leserschaft vor allem aus Segelbegeisterten bestand, reifte in ihm die Idee eines Magazins, das sich ausschließlich dem Segeln widmen sollte. Gemeinsam mit seinem Freund Marc PG Berthier entstand der Name: Voiles et Voiliers – „Segel und Segelboote“.
premier logo de Voiles et Voiliers, aussi célèbre qu’indémodable. PHOTO @ JEAN-OLIVIER HÉRON
In jener Nacht träumte Adam, er hätte Flügel.
– Jean-Olivier Héron
Überzeugt von ihrer wunderbaren Idee machten sich die beiden Freunde an die Arbeit. Jean-Olivier verfasste eine poetische Geschichte über die Geburt der Segelboote, entwarf ein Logo in Form eines geflügelten Fisches, Symbol für die Verbindung von Himmel und Meer, und stellte ein Dummy-Heft zusammen – gefüllt mit Texten und Illustrationen von Marc und einigen engen Freunden. Es war ein Manifest voller Poesie, Humor und künstlerischer Freiheit.
Mit dieser „Nummer Null“ in der Hand wandte sich Jean-Olivier an seinen Freund Henri de Constantin, Chefredakteur des etablierten Magazins Neptune Nautisme. Doch die Idee wurde abgelehnt – das Projekt schien zu gewagt, zu idealistisch.
Der mutige Schritt zur Gründung
Trotz der Ablehnung ließen sich die Gründer nicht entmutigen. Im Februar 1971 versammelten sich 15 Freunde aus unterschiedlichsten Berufen und Altersgruppen in einem kleinen Raum in der Rue Tiquetonne Nr. 15 in Paris. Mit dabei: Jean-Olivier Héron und Marc Berthier, Pierre Marchand (Lektor bei Fleurus), Christian Février (Werbefachmann und Fotograf), Jean-Louis Guillemard, Gérard Petit und Gérard Beauvais.
Da Banken und Pressegruppen das Projekt ebenfalls ablehnten, blieb nur eine Lösung: die Finanzierung durch eine gemeinsame Runde. Jeder investierte nach seinen Möglichkeiten – insgesamt kamen 100.000 Francs zusammen. Damit war die erste Ausgabe gesichert.
Die Titelseite zeigte ein Spinnaker auf bewegter See, fotografiert von Christian Février. In der Mitte: das geflügelte Symbol des Magazins.
Der Titel lautete:
„Am achten Tag erschuf Gott die Boote.“
Im Inneren: ein Poster mit den Worten
„Der Elf trifft die Meerjungfrau, und aus ihrer Liebe entsteht das Boot: Es hat die Flügel seines Vaters und den Körper seiner Mutter“.
Voiles et Voiliers No1 Mai 1971
Voiles et Voiliers No2 15 Mai 1971
Voiles et Voiliers No3 Jun 1971
Vom Idealismus zum Erfolg
Das Magazin erschien zunächst zweimal monatlich im Großformat (34×26 cm) mit 52 Seiten. Es kombinierte originelle Inhalte mit einer eklektischen Mischung aus Reportagen, Illustrationen und Segelträumen. Doch schon ein Jahr später drohte das Ende – die Mittel waren erschöpft.
Da trat Roger Cellier, Leiter der Firma Sper, auf den Plan. Er erkannte das Potenzial, das Engagement der Gründer und die Relevanz des Themas. Mit seiner Unterstützung wurde Voiles et Voiliers in ein monatliches Magazin umgewandelt – und überholte innerhalb weniger Jahre alle Konkurrenten.
Ein Vermächtnis voller Wind und Poesie – und ein lebendiger Kurs
Voiles et Voiliers ist mehr als ein Magazin – es ist ein künstlerisches Bekenntnis zur Freiheit des Segelns. Es entstand aus Leidenschaft, Fantasie und dem Mut, gegen den Strom zu segeln. Wer heute darin blättert, spürt noch immer den Geist jener ersten Ausgabe: die Liebe zum Meer, die Kraft der Träume und die Magie des Windes.
Und dieser Geist lebt weiter: Heute erscheint Voiles et Voiliers monatlich mit rund 200 Seiten und berichtet über Regatten, Hochseesegeln, Bootstests und nautische Innovationen. Es begleitet die großen Rennen wie die Solitaire du Figaro oder The Ocean Race Europe, bietet Reportagen, Interviews und technische Dossiers – und bleibt dabei seiner poetischen Seele treu.
Mit einem digitalen Abonnement und einer aktiven Online-Community ist das Magazin längst im 21. Jahrhundert angekommen. Es ist nicht nur ein Archiv der Segelgeschichte, sondern ein Kompass für die Gegenwart und Zukunft des Segelsports
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Mein Name ist Detlev Pickert, geboren 1957 in Berlin-Zehlendorf und der webmaster dieser Plattform. Durch meine Tätigkeit im Großkauf am Saatwinkler Damm Ende der 1970-er verbrachte ich sehr viel Zeit mit der Beobachtung der Testfahrten von Dieter König und seinem Team am Saatwinkler Damm. Von Anfang an war die Geschichte der Boote etwas, das mich faszinierte. Es ist die Geschichte oder Provenienz, wie es heute genannt wird, die uns erzählt, was das Boot durchgemacht hat, wem es gehörte und wie es einst entstanden ist. Das war für mich der Beginn, dieses erstaunliche kulturelle Erbe zu dokumentieren und festzuhalten. Durch hunderte von Interviews mit alten Bootsbauern, Werftbesitzern und Motorenschlossern sowie Recherchen in Bibliotheken, Büchern und Magazinen hat sich ein umfangreiches Wissen angesammelt. Nach einer Pause von etwa zehn Jahren wird nun sukzessive dieses Wissen auf dieser Plattform veröffentlicht. Keine Geschichte ist abgeschlossen, da täglich neue Informationen hinzukommen. Ich habe weder Germanistik noch Journalismus studiert; ich schreibe einfach so, wie mir meine Gedanken kommen. Wer sich daran stört, findet sicherlich andere Seiten, auf denen er sich wohler fühlt.
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