Günter Maier ist am 08.04.1936 in Senzig geboren, ein typischer kleiner Vorort von Berlin in der Nähe von Königs Wusterhausen. Die Berliner kommen hierher zur Erholung. Der Ort, in dem Günter auch zur Schule ging, liegt an malerischen Seen, unmittelbar im Wald.
Daher stammt sicher auch Günter Maiers Liebe zum Wasser und zu Booten.
Günters Freund und Klassenkamerad, Lutz Hellwig, der Sohn vom Bootsbauer Fritz Hellwig (Spitzname der Funker), wollte wie sein Vater Bootsbauer werden. Das gefiel Günter Maier so sehr, dass auch er diesen Beruf erlernen wollte. Und so kam es, dass beide ihre Lehre gemeinsam bei Fritz Hellwig begannen.
Anfänglich gab es keine Bootsbauschule, zumindest war das den Lehrlingen und Fritz Hellwig nicht bekannt. Somit fuhren sie in der ersten Zeit nach Königs Wusterhausen in die Holzverarbeitungsschule. Zusammen mit Böttchern, Sargmachern, Schreinern und Zimmerleuten erwarben sie Kenntnisse, wie man mit Holz umgeht und diesen Werkstoff verarbeitet.
Zufällig erfuhren sie von der „Jugendwerft“ in Berlin, in der Jugendliche zu Bootsbauer ausgebildet wurden. Es handelte sich um die ehemalige Werft von Theodor Ernst, die sequestriert wurde. Der Direktor war ein gewisser Herr Werner. Günter und Lutz bemühten sich um die Aufnahme für den theoretischen Unterricht in der Jugendwerft und wurden angenommen. Mit Beginn des zweiten Lehrjahrs fuhren sie zweimal wöchentlich nach Grünau zum Unterricht. Günter Maier erinnert sich noch:
„Es war im Juni 1953, in der damaligen DDR gab es Versorgungsprobleme und von den Arbeitern wurde eine immer höhere Normerfüllung verlangt. Deshalb kam es zu Unruhen und am 17. Juni zu einem Volksaufstand, der niedergeschlagen wurde. Wir hatten in dieser Zeit arge Probleme, regelmäßig die Berufsschule zu besuchen.“.
Trotzdem bestanden beide ihre Gesellenprüfung (später Facharbeiterprüfung). Sie bauten gemeinsam einen kleinen Wellenbinder in Nahtleistenbau.
In der Lehrzeit wurden überwiegend Reparaturaufträge durchgeführt. Zumeist waren es Boote, die durch Kriegseinwirkungen beschädigt waren, oder Boote, die die Eigner zum Schutz vor der Wegnahme durch russische Besatzer selbst zerstört hatten. Zunehmend überwand man den größten Schock nach dem Krieg und es stieg wieder das Interesse an Neubauten von kleinen Motorbooten, Angelkähnen und Jollenkreuzern. Die 15er Jollenkreuzer wurden in größerer Stückzahl gebaut, einige nach einem Riss von Theodor Ernst, aber auch von Reinhard Drewitz.
Fritz Hellwig baute im Gegensatz zu seinem Bruder Fritz I. keine Exportboote, sondern ausschließlich für private Auftraggeber. Lutz und Günter konnten ihre Kenntnisse anhand der verschiedenen Aufgaben festigen und erweitern.
Durch die Bekanntschaft mit Franz Szott, der im Rennbootkollektiv unter Ewald Lassig und Hellmuth Fugmann als Motorenschlosser mitarbeitete, fühlte sich Lutz Hellwig zunehmend dem Rennbootsport hingezogen. Das Rennbootkollektiv vergab in den Jahren 1952 bis 1955 Entwicklungsaufträge. So erhielt Lutz den Riss eines Dreipunktbootes von Hellmuth Fugmann, welches er zusammen mit Günter Maier in der Werft von Fritz Hellwig baute. Auch in diesem Boot war ein Hirth-Motor verbaut, analog zum Patriot und den ersten Fliegenden Berliner. Das Boot von Lutz zierte den Schriftzug „Panther“. Er hatte einige Erfolge mit diesem Boot aufweisen können, die jedoch gerade in dieser schnellen Entwicklungsphase nicht von Dauer waren. Im Jahre 1955 verliert sich der Werdegang von Lutz, geblieben ist sein Schriftzug, dem wir an späterer Stelle wieder begegnen.
Günter Maier faszinierte der Wasserskisport, der zunehmend Interessenten fand. Die ersten Wasserskibretter baute sich Günter Maier selber. Im Laufe der nächsten Jahre gab es sehr viele Weiterentwicklungen und diese wurden sogar in Kleinstserie in der Werft gebaut. Zur Ausübung des Sports wurde ein geeignetes Zugfahrzeug benötigt. So baute Günter sich im Jahre 1956, außerhalb seiner regulären Arbeitszeit, ein Motorboot, das er für seine Freizeit nutzen wollte. Aufgrund seiner hervorragenden Ausbildung im Betrieb und in der Berufsschule war er in der Lage, sich sein Boot selbst zu konstruieren und zeichnete den Riss auf. Die Maße des Bootes waren ca. 6,00 x 1,60 Meter.
Die Beschaffung des Materials war recht schwierig. Das Boot wurde in Leistenbau und Stabdeck gebaut. Verwendet wurde Mahagoni, die helle Leiste war aus Tanne. Für einen Motor reichte das Geld nicht und so kam der Motorenschlosser Franz Szott, der nun als eigenständiger Motorenschlosser für Hellwigs tätig war, auf die Idee, sich durch Zugabe eines Motors an dem Boot zu beteiligen. Franz Szott brachte hervorragende Kenntnisse aus seiner Zeit beim Rennbootkollektiv mit. Er steuerte einen 1500-er Fiat-Motor mit einem normalen PKW-Viergang-Getriebe bei und verbaute diesen im vorderen Teil des Bootes. Gefahren wurde mit einem Gang vorwärts, Leerlauf und Rückwärtsgang. Dadurch war allerdings nur eine gemäßigte Fahrt möglich. „Ein Wendegetriebe war damals schlicht nicht bezahlbar“ erinnert sich Günter Maier „und das Lenkrad für das Boot bauten wir auf einem Schrottplatz in West-Berlin aus einem alten Ford aus“.
Dies war etwa zur gleichen Zeit, als nun der Bruder von Lutz, Ralf Hellwig, seine Lehre antrat. Er wurde von Günter betreut und zwischen den Beiden entwickelte sich eine Freundschaft. Ralf liebte ebenfalls den Wasserskisport und seine Affinität zu Booten hatte er schon als Kind entwickelt. Kein Wunder, wenn man um sich herum nur Wassersportbegeisterte antrifft. Er baute zusammen mit einigen Klassenkameraden kleine Fessel-Modellboote, mit denen er sich erfolgreich an Wettbewerbe beteiligte. Auf dem Wasser erkannte man sofort Ralfs Boot: Es trug das gleiche Panther-Symbol wie das Dreipunktboot seines Bruders Lutz.
Der Eigenbau von Günter Maier zog viele Interessenten an, als Zugboot für Wasserski war es jedoch völlig ungeeignet. Nach diesem Vorbild wurde einige Zeit später in der Werft von Fritz Hellwig auf Wunsch eines Kunden ein größeres Boot, die Eros, ausgestattet mit einem 8 Zylinder Buick Motor, gebaut. „Es lief sehr gut, allerdings war der Verbrauch auch entsprechend hoch“ erklärt uns Günter Maier.
Das Problem mit dem Zugboot für das Wasserskifahren bestand somit noch immer, also musste neu überlegt werden. Günter Maier setzte sich hin und entwarf ein neues Sportboot. Dies war im Prinzip die Geburtsstunde des „Panthers“, aber dazu später. Günter und Ralf, der erfolgreich seine Gesellenprüfung abgeschlossen hatte, entschlossen sich, jeweils ein eigenes Boot nach dem Riss von Günter Maier zu bauen. Ralfs Boot wurde am Vorabend des ersten Mai 1959 fertig gestellt und zu Wasser gelassen. Das Boot von Günther Maier war bereits einen Tag vorher fertiggestellt worden. Die Boote waren in Nahtleistenbauweise hergestellt. Diese Boote waren die Prototypen des später in Serie gebauten Panthers (siehe „Der Panther“).
Es folgte eine Zeit, in der sich Ralf, Günter und seine Frau intensiv mit dem Wasserskifahren beschäftigten. Da in der DDR kaum Wasserskibretter verfügbar waren, bauten sie nicht nur ihre Skier selber, sondern auch für viele Clubmitglieder. Die Technik wurde sukzessive verbessert und das Material entsprechend professioneller. 1961 und 1962 wurde Günter DDR-Meister im Wasserski-Slalomlauf. DDR-Meisterschaft im Wasserski – Wikipedia. Ralf Hellwig war von 1961 bis 1964 DDR-Meister im Wasserski-Figurenlauf
Günter Maier verließ 1968 die Hellwigwerft auf eigenen Wunsch. „Es war einfach an der Zeit, sich weiter zu entwickeln, auch durchaus andere Techniken kennen zu lernen und in einem anderen Umfeld etwas Neues zu erleben“ erzählt uns Günter. Er musste auch nicht lange suchen, denn seine Fähigkeiten waren in der Bootsbauszene längst bekannt. Er fand eine neue Anstellung in der Franz-Werft, die überwiegend Boote aus der Feder von Manfred Ernst, so zum Beispiel die 15-Meter Yacht für die Olympiade, baute.
1972 legte Günter Maier seine Meisterprüfung ab, allerdings neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit. So hatte er zunächst in der Abendschule die 10.Klasse nachgeholt und dann in Abendlehrgängen die Meisterschule besucht. Sein Meisterstück baute er zu Hause in seiner Werkstatt . Es handelte sich um einen Panther in hervorragender Qualität. 1979 verließ Günter Maier die Franz- Werft, die sich zu dieser Zeit in der Umwandlung zur FES (Forschung und Entwicklung für Sportgeräte) befand. Er fand auch diesmal schnell eine neue Stelle, jetzt bei Günther Hellwig, den Sohn von Fritz I. Hellweg. Die Aufgaben hatten sich nicht großartig verändert, da Günther Hellwig zu dieser Zeit nur noch für Privatleute ebenfalls überwiegend Ausbauten nach Rissen von Manfred Ernst durchführte. Die Werft war ein überschaubarer Familienbetrieb, das Arbeitsklima war ausgezeichnet und von großem Vertrauen geprägt. Günther Hellwig, wie auch Karl-Heinz Kuhlke loben sehr den Menschen Günter Maier mit seinen handwerklichen Fähigkeiten.
Die Aufträge bei Günther Hellwig nahmen zur Wende drastisch ab und so musste Günter Maier sich erneut eine neue Arbeit suchen. Diese fand er 1991 recht schnell, da die Werft Lehmann-Boote in Leibchel/Groß Leine, die schon immer die Stahlkörper an Hellwig lieferten, ein Großprojekt starten wollte. Lehmann fertigte für eine große Werft jetzt nicht mehr nur die Stahlkörper, sondern baute diese auch gleich aus. Es handelte sich um die Lehmann 1200. Damals arbeiteten dort überwiegend Umschüler und Günter Maier sollte als Meister die Leute anlernen. Dies lehnte Günter jedoch ab. Nach ca. sechs Monaten zeichnete sich ab, dass dieses Projekt nicht umzusetzen ist und er ging wieder zurück zur Franz-Werft, die mittlerweile von Herrn Kuhlke geleitet wurde. Hier wurden jetzt überwiegend Charterschiffe, einige für die Marina Lanke, gebaut. Günter Maier konnte all seine Fähigkeiten gut einbringen, war ein stetiger Ideengeber für komplizierte Lösungen und unterstütze die Lehrlinge durch die Weitergabe seines Wissens.
1996 ging Günter Maier in Rente, da die Arbeit bei Kuhlke weniger wurde und die Trennung mit der Franz-Werft bevorstand. Bis zum Zeitpunkt der geführten Interviews hat Günter viele Bootsreparaturen für Freunde und Bekannte vorgenommen. So auch aktuell sein altes Meisterstück, welches vor sehr langer Zeit ein Freund aus dem Wasserski-Club ihm damals abkaufte. Das Boot sah jetzt noch besser aus als er es damals baute und er nahm etliche Umbauten und Verbesserungen vor.
Das Interview mit Günter Maier und seiner lieben Frau führten wir am 08.10.2008 und 22.10.2008. Leider verstarb seine Frau nach kurzer Zeit unseres letzten Interviews. Seither haben wir auch den Kontakt zu Günter verloren und hoffen, dass es ihm gut geht und wir uns noch einmal wiedersehen können. Wir wünschen ihm alles erdenklich gute und bedanken uns für die stets freundliche und sehr offene Begegnung.