Vorderkajütboot Baltic (Manfred Ernst)

Die Baltic ist ein Ernst Riss. Manfred Ernst konstruierte dieses geplankte Knickspant-Vorderkajütboot im Jahre 1965. Das Boot war für den Export bestimmt. Die Baltic wurde in der Yachtwerft Berlin gebaut. Viele Materialien mußten im "Westen" eingekauft werden, damit das Boot im Export Abnehmer findet.

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Baltic - Riss Manfred Ernst
Baltic – Riss Manfred Ernst

Das Vorderkajütboot BALTIC, ein aus Mahagoniholz geplankter Knickspant-Kajütkreuzer, der Entwurf stammt von Manfred Ernst, ein sogenannter Ernst-Riss. Es handelt sich um ein Gleitboot, das besonders für das Befahren von rauhem Wasser konstruiert wurde. Der durchgeszogene tiefe V-Boden gibt in Verbindung mit der englisch geklinkerten Bodenkonstruktion hervorragende Fahreigenschaften. Kursbeständigkeit und weiches Einsetzen bei Wellengang sind die besonderen Merkmale dieses Bootstyps.

Dieses Boot zeigt den Anspruch, den Manfred Ernst stets an sich selbst stellte: Ästhetik wohin das Auge schaut, technisch auf den damals höchsten Stand, Materialien nur die Besten, und eine Raumaufteilung, die für diese Schiffsgröße einmalig war. Es fehlte an nichts und die Fahreigenschaften der Baltic waren sensationell. Selbst an Kleinigkeiten, wie in den Kajütseitenwänden eingelassene Lüfter für eine Ventilation der Kajüte, hatte er gedacht.

Die Baltic auf der Pariser Bootsmesse 1969
Die Baltic auf der Pariser Bootsmesse 1969

Die Baltic wurde in der VEB Yachtwerft Berlin gebaut . Auf der Pariser Messe im Jahre 1969 stellte die DDR die Baltic aus und handelte einen Großauftrag mit Frankreich aus. Daraufhin produzierte die Yachtwerft eine größere Stückzahl, die jedoch in Frankreich nicht mehr abgesetzt werden konnte. Zu dieser Zeit war Valéry Giscard d’Estaing Ressortchef für Wirtschaft und Finanzen in Frankreich und hatte im Frühjahr 1970 den Franc abwerten lassen, weil er Frankreich als Wirtschaftsmacht in Europa nach vorne bringen wollte. Der so gehandelte Franc war mehr als 14% preiswerter. Dies hatte die Kalkulation der Yachtwerft völlig über den Haufen geworfen. Der Grund ist klar: Das Boot wurde nur mit hochwertigen Materialien gebaut, die aber auch nur über Devisen aus dem Ausland beschafft werden konnten. Also…das Boot war in der Fertigung schlicht zu teuer. Die Aussage, dass die bereits gebauten Boote damals in der DDR „verteilt“ wurden, überwiegend an die GST Seesportclubs, konnte nicht verifiziert werden. Eine Baltic haben wir in Wendisch Rietz gefunden, welches damals dem GST Seesportclub gehörte. Dieses Boot ist jetzt in Privatbesitz und wird demnächst hier vorgestellt.

Bauausführung

Der Bootskörper ist aus erstklassigem massivem Mahagoniholz gebaut. Der Boden ist verkehrt (englisch) geklinkert, die Seiten in Stableistenbauweise hergestellt. Ein Verbandsystem aus festen und eingebogenen Spanten, durchgezogenen Fundamenten und selbsttragenden Schotten gibt dem Körper bei geringem Gewicht die größtmögliche Festigkeit. Diese aufwendige Bauweise (annähernd 60 Spanten) wurde aus dem Rennbootsbau abgeleitet und stellt ein Optimum der Massivholzbauweise dar. Kajüt- und Hauptdeck sind aus Mahagonisperrholz verlegt, die Plicht erhält ein Teak-Scheuerdeck. Kajütwände, Reeling, Abweiser und Setzbord sind aus massivem Mahagoni. Die Beschläge sind aus eloxiertem Hydronalium, die Fensterrahmen und die Rahmen der Windschutzscheibe aus dem gleichen seewasserbeständigen Material hergestellt, das keinerlei Wartung bedarf. Die Frontscheiben sind aus gebogenen Dickglas, die Seitenfenster lassen sich zum Teil öffnen.

Einrichtung

Inneneinrichtung der Baltic
Inneneinrichtung der Baltic

Die Vorderkajüte bietet Platz für 4-5 Personen. In der Spitze des Bootes ist eine Doppelkoje vorhanden. Das Kopfende läßt sich aufstellen; so wird ein großer Bettenstauraum zugänglich.

Auf der Backbordseite ist eine Dinette eingebaut, die sich mit wenigen Handgriffen in ein Doppelbett umwandeln läßt. Unter den Sitzen ist reichlich Stauraum vorhanden, unter der Dinette ist ein großes Schuhfach. Die Außenhaut ist mit abwaschbaren Platten gewegert.

Pantry der Baltic
Pantry der Baltic

Steuerbordseitig sind WC und Pantry untergebracht. Ein 35 Liter Petroleum-Kühlschrank, eine Abwäsche mit Pantrypumpe, Spirituskocher, 2 Schubkästen, 1 Geschirrschrank und ein Kleiderschrank – alles auf engstem Raum – gut durchdacht und zweckmaßig. Die Pantry ist natürlich mit schnittfestem Kunststoff versehen.

Der WC-Raum ist mit einem amerikanischen Pumpklosett Fa. Wilcox ausgerüstet. An einem Paneelbrett sind Halterungen für Zanhputzgläser und eine Kunststoffwaschschüssel angebracht. Mit einer Pantrypumpe wird das Wasser aus dem 110 Liter Frischwasserbehälter gepumpt. Die Schüssel kann in das WC entleert werden. Bei Nichtgebrauch ist die Schüssel in einer Halterung an der Bordwand befestigt.

Kockpit der Baltic (re. Christa Ernst)
Kockpit der Baltic (re. Christa Ernst)

Das große Kockpit (2,8 m x 2,0 m) schließt sich achtern an die Kajüte an. Die Bodenfläche ist von keinem Kasten unterbrochen. Die Patent-Klappsitze lassen sich als Steuermannssitz oder normaler Bordstuhl verwenden. Am Steuerpult sind alle erforderlichen Instrumente, Bedienungshebel, Yachtrad und ein Brennstoffabsperrhahn vorhanden. Unter dem Kockpit ist ein großer Stauraum. Die hohe Mahagonireling hat eine Klappe, die das Aus- und Einsteigen erleichtert.

 

Hauptabmessungen

Länge ü. a. 7,50 m
Breite ü. a. 2,50 m
Tiefgang, Rumpf 0,45 m
Tiefgang, Antrieb 0,75 m
Kajütinnenhöhe 1,80 m
Gewicht ca. 1.800 kg
Schlafplätze 4-5
Brennstoff ca. 100 ltr
Frischwasser ca. 110 ltr
Geschwindigkeiten:
1x Penta-Aquamatic 100/200 35 - 40 km/h
1x Penta-Aquamatic 150/200 40 - 45 km/h
2x Penta-Aquamatic 100/200 45 - 50 km/h

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Mein Name ist Detlev Pickert, geboren 1957 in Berlin-Zehlendorf. Einen Teil meiner Jugend verbrachte ich im Schwarzwald und schloss dort meine Lehre als Zimmermann mit einer Gesellenprüfung ab. Nach meiner Rückkehr nach Berlin begann ich in der IT-Branche zu arbeiten; damals gab es in Deutschland noch keine PCs. Mein erster Job war am Großkauf am Saatwinkler Damm; dahinter befand sich König-Motorenbau. In meiner Freizeit beobachtete ich Dieter König und seine Mitarbeiter bei ihren Testfahrten. Das Geschehen faszinierte mich sehr. Nach einem Umzug in den südöstlichen Teil Berlins absolvierte ich 2002 den Bootsführerschein und mein erstes Boot war eine Plaue. Mich interessierte schon immer, wer diese wunderbaren Fahrzeuge konstruiert und gebaut hat, wodurch meine Recherchetätigkeit begann, die mich bis heute nicht losgelassen hat. Hunderte von Interviews mit alten Bootsbauern, Werftbesitzern und Motorenschlossern sowie Recherchen in Bibliotheken, Büchern und Magazinen haben ein umfangreiches Wissen angesammelt. Nach einer Pause von etwa zehn Jahren wird nun sukzessive viel dieses Wissens auf dieser Plattform veröffentlicht. Keine Geschichte ist abgeschlossen, da täglich neue Informationen hinzukommen. Ich habe weder Germanistik noch Journalismus studiert; ich schreibe einfach so, wie mir meine Gedanken kommen. Wer sich daran stört, findet sicherlich andere Seiten, auf denen er sich wohler fühlt.