John Faul, der Gründer unseres Betriebes, wurde als Sohn eines einfachen Schuhmachers 1870 in Fluntern geboren und bereits mit 26 Jahren richtete er seine erste Werft in Wollishofen, dem heutigen Standort der Zürcher Schifffahrsgesellschaft (ZSG) ein. Bald wurde es ihm hier zu eng und es gelang ihm, in Horgen im Jahre 1914 ein Grundstück am See zu erwerben, welches das Fünffache der alten Werftanlage ausmachte. Er richtete sich mit 3 Mann in der Bootbauwerkstatt ein und dazu, als Novum der damaligen Zeit, gliederte er die erste Automobilreparatur-Werkstätte mit Tankstelle auf der linken Zürichsee-Seite an. Nebenbei zählte der initiative John Faul noch der Autofahrlehrerberuf zu seinem Arbeitskreis. Die Kriegsjahre 1914-1918 brachten der Motorisierung einen abrupten Stillstand; aber nicht verlegen um Arbeit, wurde sofort der Bau von Segelbooten vorangetrieben. Anklang fanden dazumal die 30 m2 National-Kreuzyachten in Mahagoni mit Bleikiel, das Cat.-Boot mit 21 m2 Segelfläche sowie mit Schlafraum und Kochraum als Hausboot gedacht; ferner war da noch die 20 m2 Binnenjolle mit Schwert, und für Exklusivität sorgend eine Eisyacht mit 21 m2 Segelfläche und einem gerundeten Cockpit.
John Faul, Automobile und Wasserfahrzeuge Horgen, gab im Dezember 1929 eine Referenzliste heraus, die über das Verkaufsprogramm der Auto- und Bootsmotoren Aufschluss gab. Elf Autovertretungen führte er. Nebst bekannten, heute noch existierenden Marken finden wir solche, die längst in Vergessenheit geraten sind, wie die Graham Paige-Wagen, die Chandler-Wagen und so weiter. Das gleiche kann auch von den Marinemotoren gesagt werden. Die damals meistgekauften Bootsmotoren hießen Kermath, Hispano-Suiza und Saurer. Und wie stand es damals mit der Bootbauerei nach dem Krieg? Auch hier ist ein alter Katalog aus der damaligen Zeit erhalten geblieben. Motorboote, vom Seekreuzer für Nordseefahrten, Motoryachten von 16 m Länge, Kreuzeryachten mit einem 75-PS-Motor ausgerüstet, Passagierboote für 50 Personen, Schleppboote, Tourenboote mit Segeleinrichtung und Motor ausgerüstet, Elektroboote, größere und kleinere Runabouts, die bereits vorgängig erwähnten Segelboote, Ruderboote samt Skiff (Outrigger) und kleinen Yachtbeibooten, alles konnte in Auftrag gegeben werden. Eine Leistung sondergleichen in der damaligen Zeit, für eine Werft in einer nicht seefahrenden Nation.
Als der Gründer am 8. März 1945 für immer das Steuer aus seiner Hand geben musste, waren drei Söhne da, Hans, Franz und Ernst. Ersterer sammelte, nachdem er das Bootbauhandwerk erlernt hatte, seine Erfahrungen in England und Amerika und nahm später im Betrieb die Stellung als Zeichner und Konstrukteur ein. Franz hingegen bildete sich vorerst zum Mechaniker in den Saurerwerken und bei Hispano in Paris aus. Der dritte Sohn, Ernst Faul, machte sich bald darauf selbstständig und führt heute in Erlach am Bielersee seine eigene Werft.
Der zweite Weltkrieg brachte in Horgen wiederum die gleiche Situation wie im vorhergegangenen. 1941 wurden 49 „Piraten“, 10 m2 Einheitsjollen, gebaut, wovon die ersten 14 für den Zürcher Yacht Club bestimmt waren. Das Bauprogramm umfasste ferner den Lacustre, den Skandinavischen 15er, die Starboote, sowie die 4 m R-Yachten. Doch bereits 1946 drehten die ersten Schiffsschrauben wieder und die ersten Motorboote warfen im Werfthafen die Leinen los. Zwei Jahre später kam dann plötzlich der Trend zu den Wohnbooten, nachdem Bauland am Ufer rar geworden war. In einem leicht abgegriffenen Büchlein, welches sich in unserem Archiv befindet, ist fein säuberlich jedes Boot eingetragen, das auf der Werft gebaut wurde. In früheren Jahren war der Export noch sehr aktuell; so hatten die Pflanzer an der Küste Sumatras ihre speziellen „Elfmeter-Boote“ und auf der Moldau zirkulierten schnelle Kontrollboote aus Horgen. Aus gesundheitlichen Rücksichten zog sich Franz Faul in den Ruhestand der im Jahre 1965 in die Faul AG Horgen umgewandelte Firma zurück. Sein Bruder Hans war bereits im Jahre 1953 gestorben. Auch bei diesem Wachwechsel durfte der Vater sein Werk zuversichtlich seinen beiden Söhnen Franz und Hanspeter anvertrauen. Ersterer hatte nach einer Werkzeugmacherlehre auf das Bootsgewerbe umgesattelt und leitete den technischen Teil des Betriebes, während Hanspeter als gelernter Bootbauer dem Betrieb vorstand.
Doch immer mehr machte in den 70er-Jahren die Wirtschaftskrise dem traditionellen Bootsbau zu schaffen, so dass man sich schweren Herzens entschloss, im Jahre 1974 den Bau der weit bekannten Swiss Craft-Motorboote einzustellen und sich dem Import der immer mehr aufkommenden, günstigeren und pflegeleichteren GFK-Boote zu widmen. Doch noch immer nennen viele, passionierte Wassersportler ein Swiss Craft Boot aus früheren Zeiten stolz ihr Eigen und dokumentieren auch jetzt noch, abgehoben von all den GFK– und Stahlbooten in der Schweiz, einen Teil der langen, erfolgreichen Bootbauzeit der Firma Faul, Horgen.
Horgen, 11.06.1999/FFj. / Berlin im April 2011 (dp)
Anmerkung der Redaktion:
Text und Bilder der Biographie sind mit Genehmigung von Franz und Urs Faul als Original übernommen und werden sukzessive erweitert. Wir bedanken uns für Ihre Unterstützung, die freundlichen Gespräche und freuen uns auf weitere Informationen aus Ihrem umfangreichen Archiv. Ihnen weiterhin ganz viel Freude und Schaffenskraft.